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Laurence Brasey - Rallye Aicha des Gazelles

2022-08-01        
   
« Ein starkes Duo »

Dünen und Schotter, so weit das Auge reicht. Das Brummen eines Motors. Véronique de Sybourg-Siffert (Tochter des berühmten Rennfahrers Jo Siffert) sitzt am Steuer eines Quads. Sie folgt gewissenhaft den Anweisungen von Laurence Brasey, ihrer Kopilotin. Die beiden charmanten Blondinen aus Freiburg bilden ein schlagkräftiges Duo auf den staubigen Pisten Marokkos. Im Land seiner Majestät König Mohammed IV nehmen sie seit 2017, wann immer sie können, an der Rallye Aicha des Gazelles teil.

Dabei hatte Laurence Brasey die Rallye bis zur Begegnung mit ihrer Fahrpartnerin nur aus dem Fernsehen gekannt. « Ich habe vor 16 oder 17 Jahren einen Teil der Rallye Aicha des Gazelles gesehen, bei der Carole Montillet, die ehemalige Skifahrerin, antrat. Das ist mir geblieben, erinnert sie sich. Damals habe ich mir geschworen, dass ich eines Tages selbst daran teilnehmen wür-de.» Wie so oft waren es besondere Umstände, die für den weiteren Verlauf der Geschichte sorgten. « Mein Mann erzählte einer Freundin von meinem Traum, die zufällig die Schwägerin von Véronique (Fahrerin) war, die bereits an der Rallye teilgenommen hatte und nur darauf wartete, wieder loszufahren. Ein gemeinsames Probetraining um zu sehen, ob wir zusammenpassen.» Test erfolgreich. Einige Monate später waren die Freiburger Gazellen auf den staubigen marokkanischen Pisten unterwegs.

GPS und Mobiltelefon - VERBOTEN!

Um ehrlich zu sein, sind es gerade keine Pisten, denen die Teilnehmerinnen dieser reinen Frauenrallye folgen. Und genau hier liegt die Besonderheit des Konzepts. « Das Ziel ist es, jede Etappe mit so wenig Kilometern wie möglich in einer bestimmten Zeit zu absolvieren», erklärt Laurence Brasey. « Wir haben weder GPS noch ein Mobiltelefon. Nur eine Karte und Koordinaten, die uns um vier Uhr morgens übermittelt werden. Es ist ein Orientierungslauf in der Wüste, abseits der Piste, bei dem wir unser Vorbeikommen an den Markierungen des Tages bestätigen müssen, bevor wir die kürzeste Route zum Biwak finden.» Sprechen wir über das Biwak, das die sympathischen Damen jeweils gegen 19 Uhr erreichen. Nach der Reinigung und eventuellen Reparaturen des Fahrzeugs und dem Aufbau des Zeltes folgt eine Dusche und eine eventuelle Verpflegung. Danach beginnt die Vorbereitung der Navigation für den nächsten Tag « mit Karten aus den 50er Jahren ». Die Augenlider schliessen sich um Mitternacht von selbst und öffnen sich erst vier Stunden später wieder, « wenn alles gut geht ».

Komplizierte klimatische Bedingungen

Der Morgen beginnt normalerweise in der Kälte. « Nachts ist es zwischen null und zwei Grad. Mütze, Handschuhe und 5-6 Schichten Kleidung sind am Morgen Pflicht. Zum Glück ist es gegen zehn Uhr bereits zwanzig Grad warm. Manchmal können die Temperaturen sogar auf dreissig Grad steigen.» Die Rallye, an der Laurence Brasey bereits viermal teilgenommen hat, findet normalerweise im März statt. Die klimatischen Bedingungen sind dann zwar rau, aber erträglich. Im letzten Jahr starteten die Teams ausnahmsweise im September. Eine echte Herausforderung mit Rekordtemperaturen von 60 Grad in der Wüste. « Unter diesen Bedingungen ist jeder Tag ein Erfolg. Wir starteten morgens mit acht bis zehn Litern Wasser pro Person und bettelten dann immer noch bei den Leuten, die wir unterwegs trafen. Trotzdem hatten wir nicht erwartet, dass wir so gut mit den Temperaturen umgehen können.» Unser Nationalduo hatte alles auf eine Karte gesetzt und sich bereits im August sehr professionell auf den Wettkampf vorbereitet.

« Wir haben in Marokko trainiert und viel von den Einheimischen gelernt. Sie haben uns beigebracht, mit der extremen Hitze zu leben: nie zu kühles Wasser trinken, Wasserflaschen in dicke, nasse Skisocken stecken, damit sie nicht überhitzen, oder lange Kleidung tragen, um den Anschein von Frische zu bewahren.»

Das hohe Tempo und die komplizierten Wetterbedingungen stellen nicht nur Körper und Kopf auf eine harte Probe, sondern auch die Fahrzeuge. « Unser Quad hat ziemlich unter der Hitze gelitten, das stimmt », gibt Laurence Brasey zu. « Es ist übrigens ein grosser Unterschied, ob man mit einem Quad fährt, wie wir es in den letzten beiden Jahren mit einem Polaris RZR 1000 Turbo getan haben, oder mit einem Geländewagen, wie bei unseren ersten beiden Teilnahmen mit einem Toyota FJ Cruiser. Mit dem Quad kommst du überall durch, ohne dir Fragen zu stellen. Dafür gibt es keinen Platz für Gepäck. Man nimmt nur das Nötigste mit.» Dem relativen Komfort des Geländewagens steht der minimalistische Aspekt des Quads gegenüber, das seine Insassen den Launen von Mutter Natur aussetzt. Es gibt keine Fenster, die man schliessen kann, die Kälte am Morgen und die brennende Sonne auf dem Helm bilden einen besonderen und anstrengenden Cocktail, auf den man sich gut vorbereiten muss. Und in diesem Spiel sind die Freiburger Konkurrentinnen hervorragend.

So sind sie stets in den oberen Rängen zu finden, unter anderem mit zweiten Plätzen in den Jahren 2017 und 2019. Aber ein solches Abenteuer erfordert eine gründliche Vorbereitung, schon weit weg von den trockenen Böden Nordafrikas. « Bei jeder Ausgabe zählen wir auf die Unterstützung treuer lokaler Sponsoren, die die Idee dieses Abenteuers genial finden. Auch für sie ist es etwas ganz anderes. Sie ermöglichen es uns, unser Budget von rund 40'000 Franken zu stemmen », freut sich Laurence Brasey.

Eine ganz schöne Summe für die Mutter, die in La Tour-de-Trême als Lehrerin arbeitet und deren Tochter und Ehemann sie gemeinsam unterstützen. « Es ist ein unsagbares Glück, auf sie zählen zu können. Es hilft mir sehr und gleichzeitig kann ich verstehen, dass diese Leidenschaft für sie manchmal belastend ist. Sobald ich in Marokko bin, verbringe ich zehn Tage, ohne mein Mobiltelefon anzurühren. Dieses völlige Abschalten ist magisch und gleichzeitig ein wenig beängstigend. Aber es ermöglicht einem, die Erfahrung sehr intensiv zu erleben. Das Schönste ist dann, wenn meine Tochter mich bei der Ankunft erwartet und mir sagt, wie stolz sie auf mich ist. Sie verfolgt übrigens alle unsere Läufe im Internet.» Wie Laurence Brasey sind die meisten Teilnehmerinnen Mütter, was zu einem engen Zusammenhalt zwischen den Mannschaften führt.

Laurence Brasey

Mehr als nur ein Rennen

Die Rallye Aicha des Gazelles ist übrigens viel mehr als nur ein Rennen. Sie ist nämlich die einzige Offroad-Rallye-Raid mit ISO-Zertifizierung für die Mülltrennung. Aber das Konzept geht noch viel weiter, was die soziale und ökologische Verantwortung angeht. Unter den zahlreichen Initiativen, die oftmals die Gleichberechtigung und den Respekt gegenüber Frauen fördern sollen, möchten wir eine hervorheben. Die Karawane aus freiwilligen Ärzten, die seit dreissig Jahren die Mannschaften begleitet. Während das Rennen in vollem Gange ist, zieht sie durch die Dörfer und bietet manchmal die einzige medizinische Betreuung des Jahres für Frauen an, deren Lächeln viel aussagt, wenn sie sie eine Ausgabe nach der anderen ankommen sehen.

Laurence Brasey und ihre Fahrerin Véronique de Sybourg-Siffert haben sich in diesem Frühjahr für die 31. Ausgabe der Rallye Aicha des Gazelles nicht angemeldet. Sie sind wohl mutig, waghalsig, aber nicht hitzköpfig. « Nach September 2021 hätten wir uns sofort wieder in die Vorbereitungen stürzen müssen. Es erschien uns vernünftiger, das Jahr 2022 auszulassen », erklärt die Kopilotin. Sicherlich, um im nächsten Jahr noch entschlossener zurückzukehren. Diesmal am Steuer? «Wir ergänzen uns als Duo perfekt und funktionieren so einwandfrei. Véronique übergibt mir nie das Steuer und ich gebe ihr auch nicht die Karte. Ich fahre gerne zum Vergnügen, aber bei diesem Wettkampf liebe ich die Navigation und die Freiheit, unsere Route selbst bestimmen zu können. Ich habe kein besonderes Interesse, im Rallyesport zu fahren.» Ein erfolgreiches Team soll man nicht ändern. Überdies ein Team, das mit seinem optimalen Zusammenspiel und seinen ungewöhnlichen Abenteuern so viele Menschen begeistert.

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