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Eine «wunderschön komplizierte Weinlese» markiert den Höhepunkt eines herausfordernden Jahrgangs, der die Winzerinnen und Winzer mit zahlreichen Hürden konfrontiert hat. Auch wenn die Ernte mengenmässig nicht mit den beiden vorangegangenen Jahrgängen vergleichbar ist, wird sie den Anforderungen des Marktes in Bezug auf Qualität wie auch Quantität gerecht werden. Nach der Verarbeitung im Keller wird der Jahrgang 2024 zum Botschafter der verschiedenen Waadtländer Weinbaugebiete.
Nach den letzten beiden trockenen und heissen Jahren war 2024 das genaue Gegenteil – oder zumindest fast ... Während die Temperaturen im normalen Bereich blieben, waren die Niederschlagsmengen rekordverdächtig. Wenn es – wie dieses Jahr – so viel regnet, dass sich Falscher Mehltau leicht ausbreiten kann und die Winzerinnen und Winzer bei der Ernte im Regen stehen, wird der Niederschlag schnell zum Problem für die Weinproduktion.
Doch jetzt, wo die Ernte ihren Platz im Keller gefunden hat, herrscht Erleichterung. Dieses schwierige Jahr und die «wunderschön komplizierte Weinlese» – um es mit den Worten eines Winzers auszudrücken – liegen nun hinter uns. Der Einsatz und das Know-how der Winzerinnen und Winzer haben sich ausgezahlt, denn sie konnten trotz allem qualitativ hochwertige Trauben ernten. «Die 100 Tage nach der Blüte sind die entscheidende Zeit für die Qualität der Trauben», erklärt François Montet, Präsident der Fédération Vigneronne Vaudoise (FVV). «Die starken Regenfälle kamen nach dieser Zeit, die Qualität war bereits gegeben.» Tatsächlich zeigen die Daten der Wetterstation Pully, dass die Sommerniederschläge nahe oder sogar unter dem Durchschnitt der letzten 30 Jahre lagen. «Es hat nicht so viel geregnet wie 2021, obwohl viele diesen Sommer als sehr regnerisch empfanden. Wir alle haben eine verzerrte Wahrnehmung, weil wir uns auf das Wetter am Wochenende und in den Ferien konzentrieren und die anderen Tage vergessen. Die meisten Chasselas-Trauben erreichten über 70 Grad Oechsle, die Mindestnorm für die Klassifizierung als Grand Cru. Auch die Messungen bei den Pinot Noirs, die keine Hitze mögen, waren erfreulich.» Wird dieser Jahrgang also eine Perle für die vielen Fans der Burgunder-Rebsorte? Die kommenden Monate im Weinkeller werden es zeigen.
Wie erwartet, erreicht die Menge der geernteten Trauben nicht das Niveau der Ernten von 2022 und 2023. «Laut unseren Prognosen werden wir insgesamt unter den festgelegten Quoten liegen», bestätigt François Montet. Doch keine Sorge – es wird trotzdem für alle reichen! Den Schätzungen zufolge wird die Anzahl der 2024 produzierten Flaschen der Marktnachfrage entsprechen. Auch in den Weinkellern hatte man, was die Menge betrifft, mit Schlimmerem gerechnet.
Obwohl das Jahr gut begann, brachte ein später Frost im Frühling erhebliche Einbussen im Ertrag – vor allem im Chablais, aber auch in der übrigen Waadtländer Weinbaugebieten blieben nicht alle Parzellen verschont. Wie in weiten Teilen Europas war der Druck durch Pilzkrankheiten spürbar, besonders im Mai. «Wir haben den Befall unter Kontrolle gebracht», beruhigt François Montet. «Das Jahr 2021, eine Saison mit starkem Falschen Mehltau, ist noch allen im Gedächtnis. Wir haben daraus gelernt, vor allem in Bezug auf den Abstand und das Management der Behandlungen.» Dann richtete Hagel einige Schäden an, zum Beispiel in La Côte. Dieses schwierige Jahr endete mit einer Regenlese. «Ich schaute auf den bedrohlichen Himmel und seine Spiegelungen auf dem Genfersee und dachte: Was für eine Herausforderung für diejenigen, die ernten! Ihr Engagement unter solchen Bedingungen ist bemerkenswert», erzählt Olivier Mark, Präsident der Communauté Interprofessionnelle du Vin Vaudois (CIVV). «Die Qualität der Trauben war gegeben», betont François Montet. «Die starken Regenfälle hatten vor allem Auswirkungen auf unsere Organisation. Man erntet nicht im Regen, und wenn er aufhörte, mussten wir warten, bis die Trauben getrocknet waren. Wir konnten nie eine Woche im Voraus planen. Die Kälte war eher ein Vorteil. Mit Föhn und ein paar Grad mehr hätte sich die Fäulnis ausgebreitet, und es wäre eine Katastrophe gewesen!» Entgegen aller Erwartungen lagen die Erntetermine genau im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.
Wird man sich an 2024 als ein «Annus horribilis» erinnern? «Es wäre falsch, von einem nie dagewesenen Klima zu sprechen», sagt Olivier Viret, Leiter des Kompetenzzentrums für Weinbau des Kantons Waadt. «Die Geschichte zeigt, dass es schon viel schlimmer war! Es stimmt, dass die Niederschläge in diesem September mit über 221 mm aussergewöhnlich hoch waren, verglichen mit 98 mm im Durchschnitt der letzten dreissig Jahre, aber die Temperaturen lagen im Rahmen der Norm.» Tatsächlich entspricht die Anzahl der Sommertage (über 25 Grad) und Tropentage (über 30 Grad) genau dem Durchschnitt. Es ergibt keinen Sinn, die Temperaturen mit denen von 2022 und 2023 zu vergleichen, die völlig ausserhalb der Norm lagen. Olivier Mark relativiert: «Dieser Jahrgang wird für Weinkenner fantastisch sein. Er wird die Eigenschaften jedes Terroirs und die grosse Vielfalt der Waadtländer Weine hervorheben.» Kann man ihn als «Jahrgang für Önologen» bezeichnen, wie es im Herbst hier und da zu hören war? «Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es sich vor allem um ein Jahr für die Winzer handelt», antwortet François Montet. «Wenn die Bedingungen schwierig sind, gewinnen der Beruf, die Erfahrung und das Know-how an Bedeutung.» Der 2022 begonnene Plan zur Wiederbelebung des Waadtländer Weinbaus wird von dieser im Vergleich etwas geringeren Ernte nicht beeinflusst. «Der Plan zur Wiederbelebung gewinnt mit einer komplizierteren Weinlese an Bedeutung», bestätigt Olivier Mark. «Wir können nicht jedes Jahr auf die Hilfe des Himmels zählen.»