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Die Ikone der Schweizer Formel 1, Clay Regazzoni, hat in den 70er Jahren eine ganze Generation von Fans geprägt! Er wurde 1974 Vizeweltmeister und verstarb am 15. Dezember 2006 bei einem Verkehrsunfall auf der Autobahn A1 Milano-Bologna. Ein Blick zurück auf eine Karriere und ein Leben, das niemanden gleichgültig liess… 30. März 1980, Long Beach Grand Prix Circuit in den USA... Clay Regazzoni sass am Steuer seines Ensign, als sein Wagen in der 51. Runde am Ende der langen Geraden einen Bremsschaden erlitt. Der Tessiner versuchte mit mehr als 280 km/h in eine Ausweichstelle zu flüchten, wo der Brabham von Ricardo Zunino bereits stillstand. Nach einer ersten Kollision mit dem Brabham schlug sein Wagen mit seltener Wucht in eine niedrige Betonmauer. Die an diesem Abend durchgeführte Operation zur Stabilisierung der Wirbelsäule schlug jedoch fehl, und der Schweizer Fahrer blieb querschnittsgelähmt und musste den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen.
Während seines ersten Krankenhausaufenthalts hatte Clay Regazzoni das Glück, dass er sehr gut versorgt wurde. Von seiner Familie und einigen engen Freunden, darunter sein ehemaliger Manager Sergio Moscatelli: «Die Ärzte hatten ihn in ein "Sandwich"-Bett gelegt, das alle zwei bis drei Stunden gewendet werden musste. Das hatte zur Folge, dass wir uns unter das Bett legen mussten, um mit ihm zu sprechen.» sagte er dem Fernsehen TSR 1997. « Eine noch sehr präsente Erinnerung » Jacques Deschenaux, ehemaliger Leiter der Sportredaktion des französischsprachigen Senders, erinnert sich im Gespräch mit RTS genau an dieses traumatische Ereignis: « Ich habe das Rennen in einer Kabine in Genf kommentiert. Das Rennen war nicht sehr gut gemacht und die Bilder waren von schlechter Qualität. Hinzu kommt, dass wir keine Informationen hatten. Wir wussten nicht, ob Clay noch lebte oder nicht. Das Einzige, was wir mit Sicherheit wussten, war der Zustand seines Autos, und mir war klar, dass es sehr ernst war.»
Dieser Tag im März 1980 veränderte offensichtlich den Verlauf von Clay Regazzonis Leben. Er war der lächelnde und charismatische Tessiner, der trotz seines starken Charakters von allen geschätzt wurde. Ein untypischer Fahrer, der in den Herzen der Schweizer F1-Fans einen Platz neben einem anderen emblematischen Fahrer, Jo Siffert, eingenommen hatte. Nachdem sie zwei Saisons lang das Leben auf der Rennstrecke geteilt hatten, blieb Regazzoni nach dem Tod des Freiburger Fahrers, der am 24. Oktober 1971 im Alter von 35 Jahren beim Grand Prix von Brands Hatch in England ums Leben kam, allein. Der 1939 in Mendrisio (Tessin) geborene Clay Reggazoni machte 1970 seine ersten Schritte in der Formel 1, nachdem er in der Saison zuvor die Formel-2-Meisterschaft gewonnen hatte. Es war die Scuderia Ferrari, die dem Tessiner die Tür zu einer Karriere öffnete, in der er 5 Siege und 28 Podiumsplätze errang und 1974 Vizemeister hinter dem Brasilianer Emerson Fittipaldi wurde.
Als Sohn eines Karosseriebauers, der in einem Land geboren wurde, in welchem der Autosport seit dem Drama der « 24 Heures du Mans » im Jahr 1955 stark eingeschränkt war, wars für ihn nicht ganz einfach. Aus diesen Gründen begann Clay Reggazoni erst im Alter von 24 Jahren mit dem Rennsport und nahm an Bergrennen und Rallyes teil. Bevor er die traditionelle Karriereleiter erklomm, fuhr er in der Formel 3, der Formel 2 (in der er 1969 Weltmeister wurde) und ab 1970 in der Formel 1. Clay Regazzoni, der aus dem Tessin stammte, jedoch von den "Tifosi" als Italiener angesehen wurde, zeichnete sich während seiner Ferrari-Zeit durch einen höchst spektakulären Fahrstil aus, der eindeutig auf Risiko beruhte. 1974 erlebte er seine beste Saison mit einem Vizeweltmeistertitel. In seiner Scuderia musste er sich mit Niki Lauda um seinen Platz streiten. Er kämpfte bis zum Ende der letzten Zielgeraden der Saison und verlor schliesslich den Weltmeistertitel an den Brasilianer Emerson Fitipaldi. Nach zwei weiteren Saisons bei Ferrari (1975 und 1976), in denen er im Schatten von Niki Lauda zwei zusätzliche Grand-Prix-Siege errang, wechselte Clay Regazzoni zum Williams-Team, mit dem er 1979 in Silverstone seinen grössten Erfolg feierte, als er fast 40 Jahre alt war.
Im folgenden Jahr wurde die Karriere des Tessiners durch den Unfall in Long Beach gestoppt. Wer jedoch Clay Regazzoni kannte, wusste, dass der Tessiner trotz des Traumas seiner neuen Realität nicht lange Trübsal blasen würde. Bis Ende der 1990er Jahre fuhr er in speziell ausgerüsteten Autos mit Lenkradsteuerung bei Wettrennen mit. Regazzoni nahm an mehreren Rallye-Rennen wie der Paris-Dakar oder der London-Sydney teil, aber auch an Rundstreckenrennen wie den 12 Stunden von Sebring im Jahr 1993. Bevor er sich endgültig von allen Wettkämpfen zurückzog. « Er war ein sehr guter Fahrer, der gerne Risiken einging. Er lächelte, das stimmt, aber sein Verhalten war manchmal paradox.» Ein echter "Dickschädel", erklärt Jacques Deschenaux und fügt hinzu: « Er hasste Ärger. Auf der Rennstrecke wie im Leben. Ich erinnere mich an unsere Kartenspiele, als er in Menton lebte. Er konnte zwischen zwei Grinsen einen Wutanfall bekommen.»
Der ehemalige RTS-Sportchef erinnert sich auch daran, dass in seinem Land niemand ein Prophet ist: « Regazzoni war in der Schweiz kein Megastar. Die Menschen, vor allem in der Deutschschweiz, mochten ihn nicht besonders. Aber in Italien war er ein Gott. Die Menschen trugen ihre Kinder zu Clay, um sie zu segnen zu lassen. Es war verrückt. Wenn Jo Siffert für mich wie ein Bruder war, dann war Clay Regazzoni ein guter Freund. Er war nicht sehr diplomatisch, war manchmal gar jähzornig, und er wurde missverstanden. Aber er war ein guter Kerl.» Ein weiteres Merkmal dieses rätselhaften Piloten war seine stets gute Laune: « Als er einen Monat nach seinem Unfall in die Schweiz zurückkehrte, sah ich ihn im Paraplegikerzentrum in Basel. Er war davon überzeugt, dass er eines Tages wieder gehen könnte. Bis zum Unfall, der ihn das Leben kostete, war er immer gut gelaunt.» erinnert sich Jacques Deschenaux.
Clay Regazzoni kam am 15. Dezember 2006 bei einem Verkehrsunfall auf der Autobahn A1 Milano-Bologna in der Nähe der Anschlussstelle zur Autobahn A15 Parma-La Spezia ums Leben, als sein Minivan, wohl an seine Behinderung angepasst, einen vorbeifahrenden Lastwagen rammte, bevor er ins Schleudern geriet und gegen eine Leitplanke prallte. Alles deutete darauf hin, dass Regazzoni einen Krampfanfall hatte und die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor. Die Rettungsdienste konnten nur noch den Tod des Tessiners feststellen. Er starb nicht weit von der Rennstrecke von Monza entfernt, wo er in seiner ersten Saison mit der Scuderia 1970 seinen ersten Formel-1-Erfolg errungen hatte. Ein Tod, der damals weltweit für Aufregung sorgte. In der Schweiz, in Italien, aber auch in Japan, wo man ihn sehr schätzte.
Alessia, seine älteste Tochter, erinnert sich noch gut an die wertvolle Zeit mit ihrer Familie: « Für uns war er weder ein erfolgreicher Sportler noch ein Idol, sondern einfach unser Vater. Die Familie war sein Zufluchtsort, da konnte er seine Batterien wieder aufladen und die kleinen Aufmerksamkeiten und Gewohnheiten geniessen. Wir liebten es, gemeinsam Westernfilme zu schauen. Er kannte alle Dialoge auswendig. Er mochte die Stille, er sprach wenig. Aber er war voller Liebe für uns. Und er hat uns oft zum Lachen gebracht. Wir hielten ihn nicht für einen Star, auch wenn er uns sonntags im Fernsehen begeisterte.» sagte sie vor einigen Jahren. Sie fügte hinzu: « Ich persönlich glaube, dass es einen grossen Unterschied zwischen der Schweizer und der Italiener Mentalität gibt: In der Schule sprach niemand über meinen Vater und es wurde kein Unterschied zwischen uns gemacht, aber sobald wir die Grenze überschritten hatten, spürten wir sofort die unglaubliche Verbundenheit der Ferrari-Fans. Wir waren immer sehr überrascht. Ich erinnere mich an eine Episode, als die Kinder, die von den Sponsoren empfangen wurden, uns mit in die Schule nahmen, um all ihren Freunden Clay Regazzonis Kinder vorzustellen. Ich habe mich fast geschämt.»
Ich persönlich hatte die Gelegenheit, ihn bei einem seiner Besuche in Lausanne im Jahr 1997 kennenzulernen. Damals war ich Journalist beim Radio Suisse Romande. In seinem "neuen Ferrari" sitzend, wie er damals seinen Rollstuhl nannte, spiegelten seine menschliche Wärme, seine Begeisterung und sein Lächeln die Schönheit seiner Seele wider. Auch wenn man die Züge seines starken Charakters spüren konnte, Clay Regazzoni war ein echter Star, eine Ikone, aber ohne den Glitzer! Er sah mir in die Augen und sagte diesen Satz in Form einer Lektion: « Wissen Sie, manche Menschen beklagen sich über ihre Lebensbedingungen, ihre Arbeit, ihre Gesundheit oder ihre Liebesbeziehungen. Das liegt aber nur daran, dass sie das Glück nicht da suchen, wo es sich befindet.» Auch 15 Jahre nach seinem Tod ist er einer der beliebtesten Schweizer Sportler aller Zeiten, weit über die Landesgrenzen hinaus. Denn er hat sich mit ganzem Herzen für andere eingesetzt und ein grossartiges Vermächtnis hinterlassen, nicht nur als Sportler, sondern vor allem als Mensch.
Interview: Laurent Bastardoz